Seit einem guten halben Jahr ist Esther Suave als Fotografin und „Ethical Supporterin“ Teil unserer Ethletic-Familie. Die Profi-Longboarderin ist das, was die Medien gern eine „moderne Nomadin“ nennen. „Die letzten 15 Jahre bin ich eigentlich permanent auf Reisen“, sagt die 33-Jährige selbst. Zuletzt machte sie Station in Berlin, auf Lanzarote und in Lissabon.
Text: Annika Langhagel
https://www.instagram.com/p/Bdpd6nzFT9B/?taken-by=esthersuave
Name: Esther Suave
Alter: 33
Lebensmittelpunkt: Lissabon
Beruf: Fotografin, Longboarderin, Coach
Jetzt hat Esther ein neues Ziel: Sie möchte in einem Kleinbus eine „rollende Longboard-Schule“ eröffnen um als Lehrerin auch entlegene Orte erreichen – und die Herzen von Kindern, „großen und kleinen“.
Dazu braucht Esther Unterstützung und hat eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Jeder Euro zählt.
Die 33-Jährige ist überzeugt davon, dass ihre geliebte Sportart mehr kann als „nur“ Glücksgefühle schenken: Selbstwert vermitteln, ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.
„Für mich ist Longboarden das größte Geschenk, das mir das Leben machen konnte, und ich möchte das gerne teilen.“
Esther möchte sowohl bezahlte als auch unbezahlte Kurse anbieten für all jene, die es sich sonst nicht leisten könnten. Ein kleiner Skate- und womöglich auch Ethletic-Schuhladen auf Rädern tragen zur Finanzierung bei. Zehn Prozent der Einkünfte sollen als Spende an die Deutsche Krebshilfe gehen.
Glücksgefühle weitergeben
Für Esther ist die „Skateschule ohne Grenzen“ mehr als eine fixe Idee: Es ist der Herzenswunsch einer jungen Frau, die vor fünf Jahren selbst lebensbedrohlich erkrankt ist – und ihren eigenen Weg findet, damit umzugehen.
„Die Sanduhr vor Augen lässt mich sehr konzentriert auswählen, was mir wichtig ist.“
Konventionelle Therapien hat Esther für sich ausgeschlossen – sie setzt auf alternative Wege, Heilung zu finden, „seelisch und körperlich“.
„Und ich bin immernoch hier, voller Dankbarkeit im Herzen, und ich habe viel über mich, meine tiefsten Ängste und meine Liebe zum Leben gelernt.“

Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Ostdeutschland, sehr einfach und naturbezogen, „mit einem Baumhaus, wilden Kühen und Spielen in Räuberhosen“, lernte Esther auf einem Campingplatz Lesen und Schreiben und begann, Bücher regelrecht zu verschlingen – von fernen Ländern, anderen Kulturen und Abenteurern.
Der Geschmack von Freiheit ließ sie seitdem nie mehr los.
Bereits mit 16 Jahren wurde sie an der Berliner Universität der Künste zum Studium angenommen. „Ich habe mich dann aber doch entschieden, mein Abitur zu machen. Eher aus gefühltem sozialen Druck als aus Liebe zum deutschen Schulsystem“, erzählt Esther.
Früh machte sie die tiefgreifende Erfahrung, nicht an einen Ort gebunden zu sein. Als der alte russische Schulbus eines Tages nicht auftaucht, trampt Esther stattdessen – da ist sie zehn Jahre alt. „Plötzlich war die Weltkarte mein neuer Lebenskompass und ich war nicht mehr aufzuhalten.“
Monatelange Reisen durch Europa, nur mit Schlafsack und kleinem Rucksack ausgestattet, haben sie gelehrt, wie wichtig die eigene Intuition ist, wie gefährlich Vorurteile und wie wundervoll Menschen und Landschaften sind.
Esthers Kämpferherz rebelliert, wenn sie, die Grenzen mühelos überwinden kann, von den immer neuen Toten im Mittelmeer liest, die auf dem Weg in ein besseres Leben an der „Festung Europa“ scheitern. Für Esther sind alle Menschen Weltbürger, so fühlt sie es.
Ein Leben auf dem Longboard
Während eines längeren Aufenthaltes in Ostafrika reifte in Esther der Wunsch, als Fotografin zu arbeiten. „Ich wollte die unglaublichen Geschichten, die vor meinen Augen ablaufen, sowohl hoffnungsvolle als auch zerstörerische, festhalten, um sie zu teilen, aber auch um sie zu verarbeiten.“ Ihr Ziel dabei sei es, Stereotypen aufzubrechen und die Schönheit und Stärke, die auch in Verletzlichkeit liegt, zu zeigen.
Inzwischen arbeitet Esther seit zwölf Jahren als professionelle Fotografin, eine Autodidaktin, die schon als Kind analog fotografierte.
„Ich war schon immer ein sehr aufmerksamer Beobachter und eher isoliert als integriert“, sagt Esther. Zwischenmenschliche Geschichten und die poetischen Szenen des Alltags faszinieren sie bis heute.
Vor fünf Jahren dann trat das Longboarden in ihr Leben – und damit tatsächlich auch ein neuer Lebensinhalt. Esther sagt, sie sei schon immer ein sportlicher Mensch gewesen, der viel Bewegung braucht. „Ich bin Halfpipes gefahren, habe Trapez pobiert, bin Slackline und Highline in den Bergen gelaufen … aber irgendwann bin ich morgens aufgewacht, und die Leidenschaft war verschwunden.“
Bei ihrer Suche nach neuen interessanten Sportarten stieß sie auf ein Longboardvideo, in dem einige Männer auf dem Brett „dancen“, also Tanzschritte ausführen, sowie Tricks, die für sie damals regelrecht surreal wirkten.
„Da war klar, DAS will ich lernen. Und ab dem ersten Tag gab es nichts Anderes mehr für mich. Ich bin aufgewacht und mit dem Longboard aus der Tür gerollt, wortwörtlich.“

Feuer gefangen fürs Coachen
Abends sei sie nach stundenlangem Training ins Bett gefallen – nur um dann von den Tricks zu träumen, die tagsüber noch unmöglich gewesen waren.
Ein halbes Jahr, unzählige Stunden auf dem Brett, mehrere Knochenbrüche und einen langen Roadtrip (http://esthersuave.com/roadtrip2) entlang Spaniens Nordküste später wurde Esther auch schon zum Teamrider – also Testfahrer und Testimonial – von Bastl Boards, Seismic Skate, bleed organic clothing sowie Stance Socks. Seit 2016 ist Esther zudem Ethletic-Unterstützerin.
„Longboarden schenkt Freiheit und Unabhängigkeit. Man konfrontiert sich mit seinen Ängsten und überwindet sie – und das weitgehender als nur die Angst vorm Fallen betreffend. Es ist eine Welt, in da man eintaucht, und seine Sorgen und schwere Gedanken zurücklässt und mit freiem Kopf wieder auftaucht.“
In einem kenianischen Waisenheim gab sie Slackline-Unterricht und habe dabei das erste Mal spüren dürfen, wie sich Sport als Mittel zur Ermächtigung (Schlagwort „Empowerment“) auswirken kann.
„Was es mit traumatisierten Kindern macht, das scheinbar Unmögliche zu lernen und an sich selbst zu glauben.“
Das Longboard hat Esther seither als Skatecoach rund um den Globus geschickt. In Taiwan gab sie 2013 zum ersten Mal einige Monate Unterricht. „Da habe ich so richtig Feuer fürs Coachen gefangen“, sagt sie. Über Gorilla Deutschland hat sie zuletzt an Schulen unterrichtet und in den Workshops auch mit Flüchtlingskindern und Kinder mit Behinderung gearbeitet.

„Ich kenne das Gefühl sehr gut, sich immer zu hinterfragen und sich eher zu unterschätzen“, erklärt Esther. „Und diese Angst zu verstehen hilft mir, beim Coachen genau darauf einzugehen.“
In ihren Kursen möchte sie das Glücks – und Freiheitsgefühl weitergeben und Kindern ein Umfeld bieten, in dem Herkunft und Geschlecht keine Rolle spielen und „in dem jeder alles lernen kann, mit Geduld und vor allem spielerisch“.
Warum möchte Esther in Zukunft vor allem im Van leben – hatte sie nicht gerade in Portugal so etwas wie eine „Homebase“ gefunden?
Esther verneint. Portugal sei geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhen. Der Wohnraum sei unbezahlbar, gerade für jemanden, der aufgrund der Krankheit nicht jeden Tag gleich leistungsfähig ist.
Das „Vanlife“ sei natürlich kein Zuckerschlecken, räumt Esther ein. „Es zwingt einen dazu, alles aufs Notwendigste zu reduzieren und erfinderisch zu sein.“ Ein Gegenpol zum Überfluss unserer Zeit. Der Van sei für sie die einzige Möglichkeit, sich das nachhaltige Leben in „gesunder“ Meeresnähe leisten zu können.
„Wir leben in einer Welt in der uns Privilegierten zu jeder Zeit alles zur Verfügung steht und dennoch die meisten Menschen unter Depression leiden. Der ständige Konsum und die Überdosis Gesellschaft macht mir persönlich Angst – genauso wie auch die Macht, die dieser Konsum über uns hat.“
Esthers Traum ist es, trotz ihrer Einschränkungen viel geben und weitergeben zu können:
„Das Leben aus dem Vollen zu schöpfen, nicht planen zu müssen, wenn ich es nicht kann (etwa ein Haus mindestens ein Jahr zu mieten), und möglichst viele Menschen ortsungebunden als Skatecoach zu erreichen und im Rahmen meiner körperlichen Möglichkeiten zu arbeiten.“
Jeder Mensch sei wertvoll und liebenswert. Für Esther ist Longboarden eine der vielen Möglichkeiten, seinen eigenen Wert kennenzulernen und einen Rückzugsort zu finden, der den Geist ruhen lässt und die wesentlichen Bedürfnisse in den Vordergrund rückt.
Esther ist ein optimistischer Mensch, jemand, der viel Lebensfreude ausstrahlt und Kraft, und der lange zögert, andere um Hilfe zu bitten.
Jetzt tut sie es.
Hier gehts zu der Crowdfunding-Aktion: http://gofundme.com/rollingskatecoach
Esther auf Instagram: https://www.instagram.com/esthersuave/
Esther auf Facebook: https://www.facebook.com/EstherSuave/