Kuntiqi Surfboards

Der Brettmacher – Ein Shaper will die Welt verändern

Ein hölzernes Schild führt uns zu einer Farm. Grasende Kühe prägen das Bild, Pfefferminz-Pflanzen und der Duft nach frischem Holz: Hier befindet sich in einer Scheune die Kuntiqi-Werkstatt. Kuntiqi ist die Balsaholz-Surfboard-Firma des deutschen  Auswanderers Stefan Weckert, der vor zwölf Jahren nach Nordspanien übersiedelte und heute mit seiner Freundin an der Atlantikküste lebt und arbeitet.

Interview: Annika Langhagel

Name: Stefan Weckert
Alter: 38
Lebensmittelpunkt: Loredo, Spanien
Ausbildung: studierte BWL
Beruf: Surfbrett-Hersteller
Leidenschaft: Wellenreiten, die Natur

Stefan Weckert
Fairer Handel, ökologische Materialien: Stefan Weckert baut Surfbretter aus Balsaholz.

Wann und warum hast du dich dafür entschieden, Öko-Surfbretter herzustellen? Gab es einen bestimmten „Aha-Moment“?
Das war 2004 in Ecuador. Für mein Studium machte ich ein Praktikum bein einer indigenen Organisation, die sich für den Anbau von Bio-Kakao im Amazonas eingesetzt hat. Am Wochenende wollte ich meiner Leidenschaft, dem Surfen, nachgehen, und suchte ein Surfboard. Nur wenige Wochen zuvor wurde der damals größte Hersteller von Polyurethan-Schaumkernen für Surfboards – Clark Foam –  von der kalifornischen Umweltbehörde zwangsgeschlossen.

Das war der Moment, als den meisten Surfern, auch mir, zum ersten Mal bewusst wurde, wie giftig unser ,Wellenspielzeug‘ eigentlich ist, und wie wenig umweltbewusst ich bisher gehandelt hatte.

Und das, obwohl ich mich immer als umweltbewusst gefühlt hatte. Als ich dann vor Ort auf einen Shaper (= „Hobler“, derjenige, der ein Surfboard formt, die Red.) gestoßen bin, der schon seit den 60er Jahren Surfboards aus Balsaholz herstellt, war ich sofort begeistert. Zum Glück wächst in Ecuador Balsaholz wie Unkraut an jeder Ecke. Die ersten Surfsessions überzeugten mich davon, dass Balsaholz eine echte ökologische Alternative zu PU-Schaumkernen war. Als ich dann noch ökologisches Harz als Oberflächenbehandlung endeckt hatte war Kun_tiqi (so die Eigenschreibweise des Unternehmens) geboren.

Warum ist es deiner Ansicht nach wichtig, sich gerade in diesem Bereich zu engagieren? Warum passen „Öko“ und der Surfer-Lifestyle so gut zusammen?
Weil die Meere das Herz unseres Planeten sind. Ohne ein funktionierendes Meeressystem würden wir sterben. Gerade die Polyesterharze, die bei Polyurethan-Surfboards eingesetzt werden, geben selbst nach dem Aushärten weiterhin Giftstoffe an das Meer ab und tragen so zum Sterben der Meeresbewohner bei. Außerdem geniessen ja gerade Surfer die Natur, den Strand, das Meer, die Wellen, und sollten deshalb selbst dafür etwas tun, die Umwelt möglichst wenig zu schädigen.

Was war dein bisher schönstes Erfolgserlebnis?
Als unser Teamrider Nagai Puntiverio beim Big Wave Contest „La Vaca Gigante“ mit unserer Balsaholz „Gun“ die größte Welle des Tages gesurft hat.

Nagai Puntiverio
Die perfekte Welle: Nagai Puntiverio auf einem Kuntiqi-Board. Foto: Meike Reijermann

Was ist die größte Herausforderung mit der du konfrontiert bist?
Die größte Herausforderung war und ist immer noch, die Surfer davon zu überzeugen, dass Balsaholz-Surfboards die bessere Alternative zu PU-Surfboards sind. Gerade „Performance“-orientierte Surfer schrecken vor Holz zurück, da diese Bretter nicht in Surfcontests zu sehen sind. Dabei sind sie an windigen Tagen oder bei Strömung und Kabbelwelle die besser Wahl. Also an 90 Prozent der Surftage in Europa.

Warst du schon einmal kurz vor dem Aufgeben? Was hat dich dann zum Weitermachen motiviert?
Noch vor drei Jahren war ich kurz davor aufzugeben, da es trotz Sechs-Tage-Wochen und ohne Urlaub kaum zum Überleben gereicht hat. Was micht motiviert hat, waren die „Alternativen“: Arbeiten mit Produkten, die nicht in meine Lebensphilosophie passen, oder für einen Chef, dessen Führungsstil einfach nicht funktioniert… und so weiter.

Gibt es einen Leitspruch, nach dem du dich richtest?

Benutze die umweltfreundlichsten Materialien, um das langlebigste Produkt herzustellen.

Was macht dir am meisten Freude in deiner täglichen Arbeit?
Die Kreation und Verbesserung unserer Produkte.

Was wünschst du dir für den Fortgang deines Projektes?
Mehr Zeit in den Wellen!

Kuntiqi Surfboards
Leicht, stabil, halten bei guter Pflege ein Leben lang: Die Kuntiqi-Boards werden in aufwendiger Handarbeit in Ecuador „geshaped“.
Kuntiqi Shop
Werkstatt und Laden: In einer Scheune in Loredo werden die Board mit Ökoharz laminiert und verkauft.

Info zum Namen: „Kuntiqsi viracocha“ war der „Sonnengott“ und Anführer eines Volkes in der Vorinkazeit in Südamerika. Dieses friedliche Volk verwendete einfache Balsaholzsegelflöße, mit denen es die Osterinseln besiedelte.


Fotos: Esther Suave (4), Meike Reijermann (1), Hersteller