Wenta fotografiert für BLACK ISN'T BLACK

„Ich bin nur ein ,Shade of Black‘ – und ich bin nicht nur das“

„Wäre meine Hautfarbe nicht und wären meine Haare nicht kraus, wie identifiziert man mich dann?“

Die Aussage stammt von Wenta Ghebrehiwet, 32 Jahre alt, Tänzerin und Sprachdozentin für Deutsch. Die Mönchengladbacherin zeigt im ersten Bildband der Fotografin Mara Tröger Gesicht: Für eine individuellere Wahrnehmung von „People of Color“, die oft nur unter Schlagworten wie „dunkelhäutig“ oder „mit afrikanischen Wurzeln“ gesehen werden. Ein eingeschränktes Schubladendenken, weit ab jeder Realität.

Das Projekt „Black isn’t Black“ besteht bereits seit 2012 und stellt die Menschen in all ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit in den Fokus – so zeigt der Bildband, welcher mit Produktionskosten-Hilfe von Ethletic hergestellt werden konnte, unter anderem auch prominente Gesichter wie den Moderator Mola Adebisi und Sterne-Koch Anthony Sarpong, als auch Charaktere, die der 33-jährigen Fotografin mit französisch-deutschen und guyanischen Wurzeln auf ihren Reisen begegnet sind.

„Mir wurde bewusst, wie unerlässlich es ist, Vorurteile und Missverständnisse auszuräumen. Bilder sagen mehr als Worte. Sie sind meine Sprache, um zu visualisieren, wie vielfältig People of Color sind“,

sagt Mara Tröger. Sie spendet die Nettoerlöse aus dem Verkauf des Bildbandes und des Sneaker-Sondermodells von Ethletic an die Kinder- und Jugendhilfe Ruanda.

Wir sprachen mit Wenta über ihre Motivation, für „Black isn’t Black“ vor die Kamera zu treten.

 

2020 war nicht nur das Jahr der Corona-Pandemie, es wurde nach dem Tod von George Floyd im Mai auch stark geprägt von der „Black Lives Matter“-Bewegung. Identifizierst du dich mit dem Begriff „Black“?

Ich komme ursprünglich aus Eritrea und bin als politisch Verfolgte Mitte der 90er-Jahre mit sechs Jahren eingereist. Mittlerweile bin ich 32, bin Tänzerin und als Sprachdozentin für Deutsch beschäftigt. Ich muss manchmal selbst darüber lachen, dass ich mit brauner Haut und krausen Haaren Deutsch unterrichte… Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich ein wenig zweigeteilt bin was diesen Begriff „Black“ angeht.

Inwiefern?

Erst einmal: Ich verstehe gar nicht, wieso ich „schwarz“ bin. Mir ist bewusst, dass eine Rasse gemeint ist, aber … keine Ahnung! Lakritz ist schwärzer als ich und gehört auch nicht zu dieser Rasse, oder?

Einerseits empfinde ich bei „Black“ Stolz und Stärke und Besonderheit. Dann wiederum scheine ich nur deswegen interessant zu sein.

Wäre meine Hautfarbe nicht und wären meine Haare nicht kraus, wie identifiziert man mich dann? Ich bin nicht nur das. Ich persönlich bin die Art von „Black“, die arabisch angehaucht ist. Ich bin zierlich mit starken Kurven… „wie eine Gazelle“. Meine Nase hat den Namen „Stupps“, meine Lippen haben Fülle und Form. Meine Wangenknochen schmeicheln mir und mein Ausdruck sagt ,bis hierhin und nicht weiter‘. Doch nicht jedes „Black“ hat diese Features. Welches „Black“ bin ich denn nun? Get it?!

„Black“ kann also eine weitere Schublade sein. Hast du konkret die Erfahrung gemacht, dass die Individualität von People of Color nicht wahrgenommen und wertgeschätzt wird?

Ich erinnere mich daran, wie ich einmal in einer Schlange wartete. Rechts neben mir saß eine deutsche Dame. Vor mir war ein dunkelhäutiger Mann an der Reihe, der sich schlecht verständigen konnte, und man hatte Probleme mit ihm zu kommunizieren. Da sagte die Dame in einem fordernden Ton zu mir: „Ja, helfen Sie ihm doch mal! Sie können doch mit ihm sprechen!“ Ich war so sauer in dem Moment. „Wie kannst du das fordern?“, habe ich mir gedacht. Ich habe der Dame in Ruhe die Situation erklärt. Nur weil wir beide dunkelhäutig sind, sprechen wir noch lange nicht dieselbe Sprache. Sie nahm sich dann zurück.

Starke Porträts voller Natürlichkeit: Wenta fotografiert von Mara Tröger.

Für welche Aussage zeigst du in dem Bildband dein Gesicht?

Ich zeige mein Gesicht in diesem Zusammenhang, weil ich nur ein „Shade of Black“ bin und hoffe, dass auch andere das wahrnehmen. Ich finde, Maras Projekt ist ein extremer Glücksfall. Dass gerade zu dieser Zeit der „Black Lives Matter“-Bewegung diese Botschaft der Diversität verbreitet wird. Viele missverstehen das als einen Trend, sind bei Demos dabei, rufen „Black Lives Matter“, sind stolz auf ihre Herkunft. Mit Herkunft ist aber oft nicht tatsächlich Herkunft gemeint, sondern nur der Stolz darauf, Schwarz zu sein. Es steckt nichts dahinter.

Schaut euch Maras Bildband an und versteht, woher ihr kommt und was euch ausmacht.

Fast niemand kennt seine Geschichte, seine Kultur, Bräuche, geschweigedenn seine Sprache. Ich stehe zu „Black isn’t Black“. Doch bevor du solidarisch da raus gehst, verstehe, dass das Ganze nichts mit Trend zu tun hat.

Ethletic bringt in Zusammenarbeit mit Mara einen „Black isn’t Black“-Sneaker heraus. Würdest du ihn tragen?

Der Schuh wäre nichts ohne diese Aussage. Es wäre nur ein schwarzer Schuh. Trend. Die Aussage macht ihn besonders und gibt ihm einen Sinn, ihn auch zu tragen. Meine Herkunft gibt mir das Bewusstsein, meine Persönlichkeit zu tragen. Insofern: Ja!

Black isn't Black-Sneaker
Ab sofort erhältlich: Der „Black isn’t Black“-Sneaker von Ethletic.

Der Bildband ist für 89 Euro im Online-Shop von Mara Tröger unter www.maratroegerartwear.com erhältlich. Ein Teil des Erlöses durch den Verkauf des Buches und der Sneaker kommt der Kinder- und Jugendhilfe Ruanda zugute.

Mara Tröger Sneaker Ethletic


Interview & Redaktion: Annika Langhagel
Models: Wenta & Mpolo
Video: Aljosha Eckert
Music: Jason Anousheh
Art Direction: Mara Tröger
Bedruckung der Sneaker: Shoemonkeys
Sponsoring der Buch-Veredlung: Buch-One