Mode kann viel Spaß machen. Durch unsere Klamotten können wir uns ausdrücken, mit unserem Styling Statements setzen. Jede Saison die neuesten Trends zu den niedrigsten Preisen einzukaufen, ist allerdings keineswegs nachhaltig. Dennoch wird genau dieses Verhalten von zahllosen Influencern im Netz beworben. Doch es gibt eine Gegenbewegung: Immer mehr Blogger, die zeigen, wie man mit gutem Gewissen Mode genießen kann. Wir stellen euch vier dieser „Greenfluencer“ vor, erläutern, wie sie sich umgestellt haben – und warum sie nie wieder zurück wollen.
Von Johanna Ohde
Online teilen sie ihre Leidenschaft für faire, hochwertige Mode, die unter gerechten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Julia, Laurel, Elisabeth und Alf-Tobias haben uns verraten, wie sie selbst von Fast zu Fair Fashion gekommen sind, was ihnen am besten daran gefällt, faire Mode zu tragen, und auch, was sie allgemein über nachhaltigen Konsum denken.
Laurel Koeniger
Laurel wurde von Daria Daria inspiriert, seinen privaten Blog um den Bereich Fair Fashion zu erweitern.
„Ich habe sie erst kennengelernt, als sie selbst den Wandel zur Nachhaltigkeitsbloggerin schon vollzogen hatte. Beim Lesen ihrer Blogbeiträge machte es plötzlich *klick*. Ich hatte noch nie vorher über die Konsequenzen meines Konsums nachgedacht.“
Als er sich in die Welt der Nachhaltigkeit schließlich richtig eingelesen hatte, wollte Laurel sein neu erworbenes Wissen gerne teilen – „ganz ohne Dogma.“
„Ich will nur inspirieren und einen Gedanken einpflanzen. Den Gedanken, dass es langsamer, mit weniger Konsum und mehr Nachhaltigkeit, genauso schön, oder noch schöner sein könnte.“
Besonders angetrieben habe ihn damals auch die völlige Abwesenheit eines anderen männlichen Fair-Fashion-Bloggers. Inzwischen macht Laurel auch Videos auf Youtube und plaudert in seinem Podcast Koeniglich Verwirrt „aus dem Nähkästchen“. Er sagt:
„Mir gefällt das wunderbare Gefühl, das ich habe, wenn ich faire Mode trage. Ich meine damit kein Gefühl der Überlegenheit, sondern ein Gefühl der Sicherheit. Ich bin mir sicher, dass mein GOTS-zertifizierter Pullover aus Bio-Baumwolle keine Schadstoffe enthält und kein Gramm Plastik. Und dass dafür keine Kinderarbeit und Ausbeutung betrieben wurden. Es ist tatsächlich einfach ein schönes Gefühl, Second Hand oder faire Mode zu tragen. Jeder Mensch will fair behandelt werden. Faire Mode vermittelt das Gefühl der Erfüllung dieses Wunsches für mich.“
Zu Laurels Lieblingsmarken zählen KnowledgeCotton Apparel, THOKKTHOKK, Nudie Jeans, und auch ARMEDANGELS. Eine Herausforderung beim fairen Shoppen bleibt für ihn aber nach wie vor das Entdecken von besonders ausgefallener Mode. So richtig spannende Stücke zu finden sei bei den altbekannten, konventionellen Marken immer noch einfacher.
„Ich bin tatsächlich auch jetzt, drei Jahre nach meiner Umstellung auf nachhaltigere Mode, immer wieder kurz davor, ein Stück zu kaufen, das mir besonders gut gefällt – aber ich schaffe es oft genug, zu widerstehen.“
Man solle sich immer die Frage stellen: Brauche ich das wirklich? Wichtig sei aber auch zu wissen, „dass niemand von uns perfekt ist“. Zu diesem Thema hat Laurel auch einen seiner liebsten Blogartikel geschrieben.
subvoyage
Vor fünf Jahren hat sie noch mehrmals pro Monat die Kölner Innenstadt zum Shoppen aufgesucht. Heute schreibt Julia auf ihrem Blog subvoyage über ihren nachhaltigen Lebensstil.
Mit dem Prozess, ihren Alltag nachhaltiger zu gestalten, habe sie mit ihrem Auszug von zu Hause begonnen. Sie sei damals über das Thema Ernährung eingestiegen. Ihr Tipp für Beginner:
„Startet dort, wo es euch am leichtesten fällt. Euch bereitet es Freude nach Highlights im Second Hand-Laden zu suchen? Super, dann ist nachhaltige Mode euer Einstiegsthema! Bei euch um die Ecke findet regelmäßig ein Bauernmarkt statt, auf dem ihr sämtliches Obst und Gemüse für den täglichen Bedarf lose bekommt? Prima, so könnt ihr ganz einfach plastikfrei einkaufen!“
In Sachen Fair Fashion hat Julia zunächst den Umfang ihres Modekonsums angezweifelt. Ihr Pensum habe sie dabei im ersten Schritt drastisch reduziert – und ihre Kaufentscheidungen hinterfragt. Dokumentationen über die Modewelt seien dabei ein großer Antrieb gewesen.
„Die Bilder, die die schmerzhafte Realität hinter den Kulissen des Großteils der Modeindustrie abbilden, treiben mir immer wieder Tränen in die Augen. Doch diese Informationen, die solche Dokus vermitteln, sind enorm wichtig! Wir dürfen die Augen nicht länger vor diesen massiven Missständen verschließen. Als Konsumenten haben wir mehr Macht, als wir vielleicht vermuten. Jeder Kassenzettel ist ein Stimmzettel: für Fair Fashion und gegen ausbeuterische Mode.“
Doch mit dem Kauf von fairer Mode möchte sich Julia nicht nur für soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Umwelt einsetzen. Sondern auch ihrem eigenen Körper etwas Gutes tun.
„Konventionelle Kleidungsstücke enthalten oft giftige Chemikalien. Diese gelangen durch das Tragen in direkten Kontakt mit unserer Haut – und durch das Waschen zusätzlich ins Abwasser.“
Bei ihrem Lebenswandel habe es ihr nicht zuletzt sehr geholfen, ein Konsumtagebuch zu führen.
„Dort habe ich zum einen alle Käufe festgehalten. So konnte ich mir vor Augen führen, wie viel ich tatsächlich einkaufe und wie viel Geld ich für einzelne Produkte ausgebe. Zum anderen habe ich dort geplante Käufe zunächst notiert und die Eigenschaften, die mir für das neue Produkt besonders wichtig waren, aufgelistet.“
So haben sich Fehlkäufe vermeiden lassen. Julia sagt auch, dass Fair Fashion berechtigterweise teurer als Fast Fashion sei. Doch durch den bewussten Konsum gebe sie trotzdem deutlich weniger Geld für Mode aus.
Auf ihrem Blog hat Julia einen Fair Fashion Guide erstellt, in dem sie eine ständig wachsende Liste von Marken führt, die sie empfehlen kann.
Elisabeth Green
Auf ihrem Blog möchte Elisabeth aufzeigen, dass es für jeden Lebensbereich eine „grüne“ Alternative gibt – und dass Nachhaltigkeit nicht Verzicht bedeutet.
„Ich bin der Meinung, dass wir alle unser Konsumverhalten überdenken und insgesamt weniger kaufen sollten. Wenn doch etwas Neues benötigt wird, darf dies nicht auf Kosten anderer geschehen – sei es Mensch, Tier oder Natur.“
Mitverantwortlich für ihren Umstieg auf faire Mode seien definitiv Dokumentationen wie Gift auf unserer Haut oder The True Cost gewesen. Die dort gezeigten, schockierenden Bilder öffneten ihr die Augen.
„Unwürdige Arbeitsbedingungen in der Textilbranche, Tierquälerei und Umweltverschmutzung sind Dinge, die man in Kauf nimmt, wenn man viele der konventionellen Marken konsumiert. Das wollte ich auf keinen Fall länger unterstützen. Insgesamt habe ich viel weniger, beziehungsweise fast gar nichts mehr, neu gekauft. Was doch neu in meinen Kleiderschrank eingezogen ist, bestand von da an aus nachhaltigen Materialien und stammt aus fairer Produktion.“
Ein bewussteres und nachhaltigeres Konsumverhalten hat sich inzwischen in alle von Elisabeths Lebensbereichen ausgebreitet. Denn:
„Wenn man erst einmal anfängt, darüber nachzudenken, wo Produkte herkommen, wie und unter welchen Bedingungen diese produziert werden, dann kann man nicht mehr aufhören, darüber nachzudenken und will das einfach nicht mehr unterstützen.“
Diese Umstellung sei aber ein Prozess über Jahre hinweg gewesen, der auch heute noch andauere. Hier hat Elisabeth auf ihrem Blog ihre Tipps zum Umstieg auf Fair Fashion zusammengestellt.
GROSSΔRTIG
Ein Aufenthalt in Nepal startete im Jahr 2009 Alfs Einstieg in die Nachhaltigkeitsthematik. Dort arbeitete er einer lokalen NGO zum Thema „HIV/AIDS-Prävention“.
„Meine bis dahin sehr westliche Sicht auf die Welt wurde einem Realitätscheck unterzogen. Mein persönlicher Horizont hat sich durch die Erfahrung weit ab von meiner Heimat sehr erweitert. Im Anschluss war für mich noch klarer als vorher, dass wir in einer vollends globalisierten Welt leben und alles mit allem und eigentlich auch jede/r mit jeder/m zusammenhängt.“
Danach gründete Alf einen Verein mit einigen Freunden und arbeitete diese globalen Zusammenhänge in einem Workshop für Kinder auf. Seitdem setze er sich mit Fast und Slow Fashion auseinander, schreibe dazu und habe in dem Zuge auch seinen Kleiderschrank einmal auf den Kopf gestellt. Fast Fashion ist seitdem nicht mehr darin zu finden.
„Fair Fashion ist Mode mit den richtigen inneren Werten. Hier setzte ich mit meiner Arbeit im Blog aber auch durch meinen Mode-Ratgeber Einfach anziehend an, um Menschen aufzuzeigen, wie sie nachhaltig mit Kleidung umgehen können.“
Alf findet, dass sich seit er 2009 seine persönliche Lebensumstellung begann, eine Menge getan hat. Die Auswahl an Fair Fashion sei enorm gewachsen und es gehe inzwischen auch für nahezu alle Fast Fashion Styles eine Slow Fashion Alternative:
„Vielleicht nicht immer sofort, aber nach einigen Wochen oder Monaten. Auch mit Slow Fashion kann man mit dem Zeitgeist gehen – oder aus dem unerschöpflichen Fundus an Second Hand und Vintage Clothes seine persönlichen Favoriten herauspicken.“
Alf selber ist am wichtigsten, dass er sich in seiner Kleidung wohlfühlt. Idealerweise braucht er dafür nicht unzählige Outfits, sagt er. Stattdessen kombiniere er seine Lieblingsteile miteinander und trage auch das ein oder andere Outfit an mehreren Tagen. Ihm gefallen Streetwear und Casual Outfits, die er vor allem bei ROTHOLZ, MUD JEANS, KnowledgeCotton Apparel, bleed, JECKYBENG und HAFENDIEB finde.
Alle Infos zu Alfs Ratgeber einfach anziehend findet ihr hier.
Fair Fashion kann auch für euch ein unkomplizierter Einstieg in die Nachhaltigkeitsthematik sein. Second Hand einkaufen zu gehen ist eine tolle Alternative zum Kaufhaus und zum Online-Shopping. Und es macht eine Menge Freude, denn hier findet ihr so manche Dinge, nach denen ihr niemals aktiv gesucht hättet. Aber auch direkt in eurer Nähe gibt es viele „neue“ Klamotten zu entdecken! Einfach mal den Kleiderschrank plündern und sich dann mit Freund*innen zum Tauschen treffen – ein lustiger Abend ist vorprogrammiert.
Mit diesen ersten Schritten habt ihr die Möglichkeit, sogar Geld zu sparen, indem nur bereits gebrauchte Teile bei euch einziehen. Dann einfach genau überdenken, was Klamotten sind, die man wirklich haben möchte – und vor allem warum.
Macht euch die Gründe dafür bewusst, dass ihr etwas Neues kaufen möchtet, und fragt euch, was das gute Stück für Qualitäten mitbringen soll. So gesteht ihr eurer Kleidung eine größere Bedeutung zu und könnt aufmerksam – und vor allem bewusst – auswählen, wen und was ihr mit dem Kauf unterstützt.
Es gibt so viele junge Labels, die es wert sind! Viele davon findet ihr auf den vorgestellten Blogs und auch hier bei uns.
Wenn man beginnt, bewusst zu konsumieren, kann man die eigenen Kleidungsstücke als Investition und langjährige Begleiter sehen, statt als Klamotten für eine Saison. So wird jedes Teil im Schrank zum Lieblingsstück, das man mit Stolz und reinem Gewissen tragen kann. Und wenn ihr doch mal keine Lust mehr auf eines davon habt, dann könnt ihr es bei dem Second Hand-Laden eurer Wahl abgeben – und der Spaß beginnt von vorn.