Sinn und Sinnlichkeit

Grüss‘ mir die Sonne und achte die Umwelt

BRANDS WE LIKE
Etwas Sinnvolles tun: Nathalie Prieger gründete Mandala im Jahr 2000.
Etwas Sinnvolles tun: Nathalie Prieger liebt Yoga, Mode und Nachhaltigkeit.

Im Millenniumsjahr gründete Nathalie Prieger ihr Yoga-Label Mandala – bevor bei uns die „Matten-Mania“ ausbrach. Wichtiger aber ist ihre zweite Pionierleistung: Mandala bewies als eine der ersten deutschen Marken, dass Öko-Mode auch bunt und sexy aussehen kann. Ein Hit der aktuellen Kollektion sind Leggings aus recycelten PET-Flaschen.

Ob herabschauender Hund, Drehsitz oder Dreieck: Nathalie Prieger achtet darauf, dass ihre Hosen und Oberteile in jeder Position perfekt sitzen. „Sie dürfen weder verrutschen, noch irgendwo kneifen, damit man sich ungestört auf die Atmung und Asanas konzentrieren kann.“ Nathalies Anprobemodels müssen ebenso verbiegefreudig sein wie die Mandala-Chefin selbst, die seit 20 Jahren Ashtanga Yoga praktiziert: „Mindestens dreimal pro Woche, gleich nach dem Aufstehen. Danach fahre ich gestärkt und gut gelaunt in mein Büro am Starnberger See.“

FIGURSCHMEICHLER UND HINGUCKER

Haptisch punktet die nachhaltige Yoga- und Wohlfühlkleidung von Mandala mit geschmeidigen funktionalen Stoffen wie Modal®, Merinowolle und Bio-Baumwollstretch, optisch mit femininen Linienführungen und Details. Die Designerin betont gern die sinnlichen Seiten der Frau: „Ich finde ja speziell Fußknöchel reizvoll, aber auch Schultern, Schlüsselbeine, Hals und Nacken“, zählt sie lächelnd auf, „also lenke ich die Blicke darauf.“

Die „Twist Legging“ etwa ist etwas für Fußknöchel-Fetischistinnen: Ab Wadenmitte teilt sich der Stoff in zwei Streifen, die das Bein umwickeln und oberhalb des Knöchels zu einer Schleife gebunden werden. Schöne Rücken entzücken im „Cable Yoga Top“: Sechs Trägerstränge wurden hinten neckisch überkreuzt, geknotet und geflochten. Und damit keine zusätzlichen BH-Träger das Kunstwerk verderben, versteckt sich ein „Support Bra“ im Top.

Hübsches Wortspiel, wie Ethletic: Die „Athleisure Pants“ und das „Infinity Top“ bestehen aus Tencel®, Bio-Baumwolle und Elasthan.

Ganz neu bei Mandala sind Leggings mit luftigen Netzstoff-Einsätzen, die sich auch zum Radeln, Laufen und für andere schweißtreibende Aktivitäten eignen sollen. Damit die Mesh-Elemente elegant zur Geltung kommen, gestaltete Nathalie die Hosen klassisch schwarz-weiß. Dagegen sind ihre „Fancy Leggings“ kreischend bunt, die Muster „Kaleidoscope“ und „Wanderlust“ wirken bei längerem Hingucken geradezu psychedelisch … Goa lässt grüßen!

VOM OBERFLÄCHLICHEN CHIC ZUR YOGA-MODE MIT SINN

Nathalie Prieger liebt, was sie tut, und sie ist dankbar dafür. Das war nicht immer so: Nach ihrem Studium an der Esmod Modeschule in München fing sie bei der Glamourmarke MCM an und arbeitete sich von der Assistentin bis zur Chefdesignerin empor. Sie entwarf Kleidung aller Art, vom Ski- bis zum Badeanzug, vom Business- bis zum Partydress – alles nach eigener Aussage erfolgreich, doch ohne Herzblut. Der MCM-Stil sei überhaupt nicht ihr Ding gewesen.

„Ich bediente eine neureiche Schickeria, zu der ich selbst nie gehörte. Irgendwann wollte ich mich nicht mehr verstellen und sehnte mich nach einer sinnvolleren Aufgabe.“

Nach zehn Jahren kündigte sie ihren Job und ging erstmal für mehrere Monate nach Süd-Indien, um für eine kleine NGO zu arbeiten, die verwitwete Frauen unterstützt. Während ihrer Auszeit übte sie auch fleißig Yoga. „Eines Morgens beim Sonnengruß wusste ich plötzlich, was ich zurück in der Heimat machen will: eine eigene Yoga-Modelinie. Eine, die das Prinzip der Achtsamkeit gegenüber Mensch und Umwelt verkörpert.“

Nachdem die uralte indische Lehre bereits in New York zum Hype geworden und Stars wie Madonna und Sting auf den Trip gekommen waren, spürte die Designerin: Auch Deutschland ist reif für Yoga! Doch als sie 2000 mit Mandala auf den Markt ging, waren viele Einzelhändler noch skeptisch. Nathalie erzählt amüsiert:

„Manche hielten Yoga allen Ernstes für eine Sekte! Ich entschied mich daher, meine Kollektion zunächst als ,Wellness-Mode‘ zu verkaufen.“

Vor allem überzeugte viele Händler, dass sie öko-faire Kleidung anbot, die überraschenderweise gar nicht danach aussah: Weil sie nicht schmutzig beige, kratzig oder sackartig daherkam … Das Kaufhaus Ludwig Beck war Kunde der ersten Stunde und brachte die Yoga-Sachen in seiner Wäscheabteilung unter. Heute gibt es Mandala deutschlandweit in 120 Läden sowie in über 20 Online-Shops; und 2014 eröffnete Nathalie Prieger eine Flagship-Boutique im Münchner Zentrum.

PRÄGENDE ERLEBNISSE IN TEXTILFABRIKEN 

Alle Kleidungsstücke werden in türkischen und chinesischen Manufakturen nach strengen Umweltkritierien und fairen Sozialstandards angefertigt. Nathalie überzeugt sich davon immer wieder persönlich vor Ort. Der Besuch einiger Textilfabriken im Ausland – noch zur MCM-Zeit – hatte ihr einst unsanft die Augen geöffnet: „In Indien schockten mich die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen – der Mensch, insbesondere die Frau, gilt dort nicht viel! Und in China bekam ich hautnah mit, dass Fabriken ihre mit Chemie belasteten Abwässer vom Färben, Bedrucken und Imprägnieren ungeklärt in Flüsse leiten, eine stinkende Giftbrühe.“

Nicht nur die Macher billiger Fast Fashion, auch Luxusmarken lassen in solchen Fabriken fertigen. Im Rahmen der globalen „Detox“-Kampagne von Greenpeace haben sich immerhin bisher 79 Firmen freiwillig verpflichtet, ihre Lieferkette bis zum Jahr 2020 zu „entgiften“.

ZWÖLF PET-FLASCHEN STECKEN IN JEDER „FANCY LEGGING“

Bedenkliche Chemikalien sind bei Mandala tabu. Die verwendete Bio-Baumwolle ist GOTS-zertifiziert, die Merinowolle stammt von neuseeländischen Schafen aus Mulesing-freier Haltung, und die holzbasierten Stoffe Modal® und Tencel® werden ressourcenschonend von der österreichischen Firma Lenzing hergestellt.

Unter anderem für die „Fancy Leggings“ nutzt Mandala auch ein Recycling-Material: Polyester aus PET-Flaschen. „Wir beziehen den Rohstoff von der US-Firma Repreve. Sie zerkleinert die Flaschen zu Flakes, schmilzt diese ein und stellt daraus Fasern her“, erläutert Nathalie. „Mein Mann Philipp Langer hat eine Öko-Textilmanufaktur bei Shanghai, deren Lieferanten ebenfalls alle zertifiziert nachhaltig arbeiten. Das geht nämlich auch in China! Er lässt aus den Fasern Garne spinnen, daraus einen Stoff stricken und bedrucken, und in seiner Näherei werden die Teile dann fertig gemacht.“

Recyceltes Polyester ist besser als neues, es wird nicht noch mehr Erdöl verbraucht und Plastik in die Welt gesetzt. Aber warum verzichtet die Mandala-Chefin nicht ganz darauf? „Ehrlich gesagt, sehen bunte Digitaldrucke nur auf Polyester toll aus, es lässt die Farben strahlen. Und Mandala wird eben auch wegen der attraktiven Looks gekauft. Sobald ich eine bessere Alternative zu Polyester finde, greife ich sofort zu.“

Goa lässt grüßen: Die wild gemusterten Stücke sind besonders begehrt.

Fotos: Mandala (4)
Text: Nicoline Haas (Kopfkino)