Josea Surfwear

Fürs Meer – nicht für die Tonne

Josea Surfwear
Guter Stoff: Die nachhaltigen Bikinis werden aus Materialien gemacht, die aus recycelten Fischernetzen entstehen.

„Surf“-Brands, die keine sporttauglichen Bikinis im Programm haben – dafür aber mit den sexy Kurven weiblicher Profis werben: Das stört viele Frauen in der Szene schon lange. „Wir sind keine Objekte, die Verkaufszahlen steigern. Wir sind leidenschaftliche Wassersportlerinnen, die ihrer Leidenschaft nachgehen“, heißt es dazu auf der Homepage von Josea. Die Marke ist angetreten, Surfwear für Frauen von innen heraus zu revolutionieren.

Text: Esther Suave

Ob man seinen Bikini immer noch am Körper trägt, wenn man aus dem Wasser steigt, ist bei diversen Wassersportarten eher dem Schicksal, oder besser gesagt, Wellen und Wind überlassen.

Die Surfindustrie boomt. Große Surfbrands werben mit professionellen Surferinnen im Bikini – statisch posierend am Strand, während der männliche Surfer natürlich die großen Wellen reitet. Angesichts des hohen Niveaus vieler weiblicher Wassersportlerinnen ist der einzige authentische Aspekt des Posters nur, dass der sexy konzipierte Bikini seine Besitzerin in der ersten Welle verlassen würde.

Jocelyn Kotulla, leidenschaftliche Kite-Surferin, hat sich in Brasilien kurzerhand dazu entschlossen, Wassersportlerinnen einen Bikini an die Hand zu geben, der ihnen und ihren Fähigkeiten gerecht wird.

Jocelyn Josea Surfwear
Gründerin „Jocy“ in ihrem Element: Die Kite-Surferin entwickelt die Kollektion nach ihren eigenen Vorstellungen.

Im Jahr 2015 gründet die 32-jährige „Josea Surfwear“ – mit winzigem Startkapital und fest entschlossen, nachhaltig zu produzieren.

Maximaler Ertrag, Gewinnmaximierung– ihr Studium im Mode- und Textilmanagement zeigt ihr die Wege der Industrie, im Brandmanagement bekommt sie Einblick in die Produktion der Moderiesen. Und wendet diesem System den Rücken zu.

Mit ihrer ehemaligen Dozentin beginnt sie Surfbikinis zu produzieren. Und nicht in Indonesien oder in Bangladesch, sondern in Deutschland. Von eigener Hand genäht in Hamburg.

Das Team wächst und die Nachfrage steigt, nach nur zwei Jahren schreibt Jocelyn schwarze Zahlen und das Team besteht inzwischen aus fünf Frauen.

Josea Team
Von der Nähmaschine aufs Board: Produziert werden die Bikinis vom Josea-Team in Hamburg – mit viel Expertise für den späteren Einsatzort.

Paradoxerweise ist die mächtige Surfindustrie, die für Menschen mit einer Leidenschaft für den Ozean produziert, erheblich an der Zerstörung und Verschmutzung der Ozeane beteiligt. Neoprenanzüge aus Erdöl, Surfbretter aus giftigem Foam und Überproduktion in Polyester.

Josea Surfwear dagegen ist aus recycelten Fischernetzen hergestellt. Ausgediente Netze und Teppichreste werden zu einem Granulat verarbeitet, dieses Granulat wird zum Garn für die farbenfrohen Stoffe der Bikinis, Sport-BHs und Yogaleggings, die später auch mit nachhaltigen Materialien verpackt werden.

Josea Surfwear
Kein Zuppeln und Verrutschen: Der Bikini sitzt laut eigenem Anspruch „wie ein guter Sport-BH“.

Die Auswahl ist breit gefächert und macht Lust, in den nächsten Ozean zu springen. Die Bikinioberteile sind nach Wellen benannt. Das besonders beanspruchbare Modell „Mavericks“ etwa nach einer der anspruchsvollsten Wellen der Welt. Die Unterteile tragen die Namen von Winden.

„Uns gehen langsam die Winde und Wellen aus“,

sagt Jocelyn lachend.

Josea Surfwear
Die Natur im Blick: Produziert wird aus nachhaltigen Stoffen und erst auf Bestellung – damit nichts verramscht werden muss.

Es ist kein Zufall, dass die Models für Josea Surfwear charismatische, sportliche Frauen ohne viel Make-Up sind. Wichtiger als die Hülle, sportlich oder nicht, ist für Jocelyn Kotulla der Mensch und seine individuelle Stärke.

„Es geht nicht nur um den Bikini, den wir tragen. Es geht um das Statement, das wir damit setzen! Wir sind starke Frauen, mit der besonderen Verbindung zum Meer. Wir haben mehr zu bieten, als sexy Kurven und ,hübsch aussehen‘.“

Diese Werte zu transportieren ist großer Bestandteil des Konzepts von Jocelyn.

„Unsere Mitarbeiter und Teamrider sind Powerfrauen, die unsere Werte leben. Sie lieben, was sie tun, folgen ihrer Leidenschaft und sind bereit, Risiken einzugehen. Jede von ihnen spielt eine wichtige Rolle in unserer Bewegung.“

Die von Minderwertigkeitskomplexen genährte Modeindustrie zeigt sich in den Frauen, die zu Josea Surfwear ins Atelier kommen und sich trotz ihrer Einzigartigkeit und Schönheit in ihrem Körper unsicher fühlen. Jocelyn sagt:

„Oftmals fällt es uns, glaube ich, viel leichter, die Schönheit in anderen zu sehen, als in uns selbst. Wir möchten mit unserer Bewegung mehr Frauen dazu zu bringen, die Schönheit in sich selbst zu sehen und zu erkennen, dass es nicht darum geht, einem Ideal nachzurennen, sondern sich auf seine Stärken zu konzentrieren. In der Einzigartigkeit liegt ja schließlich unsere Superpower. Eine Kopie wird nie an das Original herankommen, und das Original sind halt nur wir selbst, mit allem, was dazu gehört.“

Bei Josea Surfwear fängt man erst an zu nähen, wenn eine Bestellung eingeht – on demand, es entsteht keine Überproduktion und es ist möglich, eine große und individuelle Kollektion anzubieten. So einfach enthebelt man den Mythos vom „falschen“ Körper.

„Ein Großteil der Industrieunternehmen im Modebereich, im Speziellen diejenigen, die in Bangladesch, Indien und China produzieren, sind zahlengetrieben. Wenn die Gewinnmaximierung im Fokus steht, wird oft zu kurzfristig gedacht und die Kundinnen werden als eine große Masse betrachtet. Komplexität und Individualität kosten kurzfristig einfach mehr Geld und schmälern die Gewinne.“

Rund 110 Euro kostet ein Bikiniset, handgenäht in Deutschland und mit lebenslanger Garantie.

Getestet sind die Modelle von professionellen Sportlerinnen, wie zum Beispiel der 18-jährigen Europa-Vizemeisterin im Wellenreiten Lilly von Treuenfels oder Prosurferin Merle Wedekind aka Mayla Kind. Beinahe alle deutschen Surf-Stars tragen inzwischen Josea. Nicht, weil sie dafür bezahlt würden, wie Jocelyn betont – dafür sei gar kein Geld vorhanden. Sondern einfach aus Überzeugung.

Wir finden: Das schönste Kompliment für eine mutige Idee.

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Fotos: PR, Stefan Grey, Thomas Z