Frameworks Berlin

Aus dem Leben gegriffen: Upcycling-Rahmen mit Patina

BRANDS & TRENDS – Im Blaumann, mit einem sommersprossiges Lächeln und solidem Händedruck  – so lernte ich Claire d’Orsay im Stattbad Wedding kennen, in einem Atelier voller Holz mit Geschichte und Patina. Claire d’Orsay ist die Gründerin von Frameworks in Berlin – sie baut einzigartige Bilderrahmen aus recyceltem Holz und hat inzwischen einen eigenen Laden in der Reichenberger Straße. So bunt wie Kreuzberg selbst ist auch das Sortiment im Frameworks. Kein Rahmen gleicht dem anderen und zu fast jedem kann Claire eine kleine Geschichte erzählen.

Text und Fotos: Esther Suave
Claire d'Orsay
Claire d’Orsay in ihrem Atelier: „Ich sagte Ja zu allen Möglichkeiten, meine Rahmen zu zeigen.“                   Foto: Helena Blachier

Name: Claire d’Orsay
Alter: 33 Jahre
Lebensmittelpunkt: Berlin
Ausbildung: Master in Counselling Psychology
Leidenschaft: Begegnung mit Menschen und Kunst

Vor mehr als zehn Jahren baute sie in Brooklyn ihren ersten eigenen Rahmen in einem Do-it-yourself-Workshop in ihrer Straße – und fing sofort Feuer. Während der Finanzkrise in den USA zog die studierte Psychologin der Liebe wegen nach Berlin. Sie landete ohne große Umwege in einem Atelier für professionelle Bilderrahmung und studierte das Handwerk.

Zeitgenössisch ist ein Rahmen schwarz, weiss oder naturholz, dezent und bescheiden. Claire aber ist fasziniert von  charakteristischen, historischen Rahmen, die für sich selbst als Kunstobjekt bestehen können. Frameworks ist geboren – individuell handgefertigte Rahmen aus Fundholz, nachhaltig und mit Patina.

Dein erstes Atelier mit Frameworks war im Stattbad Wedding, jetzt hast du einen eigenen Laden in Kreuzberg UND eine Werkstatt, wie hat das alles angefangen?
Mit kleinen Märkten. Erst habe ich die Rahmen in meinem Keller gebaut, dann in meiner Wohnung, und mit Hilfe von Freunden habe ich schließlich das Atelier im Stattbad Wedding gefunden. Das war großartig.  Ich sagte “Ja” zu allen Veranstaltungen oder Möglichkeiten, meine Rahmen zu zeigen, und lernte so viele neue Leute kennen. Um es kurz zu halten: Ein Grafikdesigner kaufte einen Rahmen von mir, lud mich auf ein Event ein, und dort lernte ich den Besitzer meines jetzigen Ladens in Kreuzberg kennen.

Frameworks Berlin

Was macht für dich Berlin aus, was magst du an Berlin?
Ich bin aus New York City und viele Leute fragen mich, warum ich Berlin vorziehe. Für mich ist keine Stadt besser oder schlechter, aber es gibt für mich einige fundamentale Unterschiede.

In Berlin kannst du “Du” sein, ohne verurteilt zu werden. Es interessiert quasi nicht. Diese Art von Freiheit, Freiheit von Sozialnormen, Druck und Erwartungen, habe ich bisher nur in Berlin erlebt.

Als ich nach Berlin kam, habe ich sehr schnell begriffen, dass es hier noch jede Menge Raum gibt, sein eigenes Business zu starten. Mit wenig Geld, ganz viel Liebe und einer guten Idee ist Berlin immer noch eine der Städte, um sich zu verwirklichen.

Wo bekommt ihr euer Holz her und wie wählt ihr es aus?
Wir haben momentan drei Quellen. Erstens, wir fahren herum.

Es wird wirklich überall in Berlin saniert und schöne Sachen werden einfach so auf der Straße “entsorgt”.

Zweitens haben wir über die Jahre Holzsammler kennengelernt, die das Holz für uns finden. Drittens: Die Kunden! Sie schicken uns Nachrichten mit Tipps zu Orten, die voller Holz sind. Hauptsache, es ist besonders und hat eine tolle Patina, dann kommt’s mit.

Was magst du besonders an der Arbeit mit Holz?
Holz ist lebendig. Es speichert Wärme oder Kälte, es ist eigensinnig oder großzügig. Ich mag auch, dass es besonders anspruchsvoll ist, mit recyceltem Holz zu arbeiten. Frisches Holz wird geliefert, ist gerade, und man kann es direkt schneiden. Für uns sieht der Prozess so aus:

Wir brechen zum Abenteuer auf, finden zehn Türen aus der Vorkriegszeit und schleppen sie zurück ins Studio. Dort trennen wir das Holz, entfernen Nägel und Metall, schneiden es mit der Tischsäge in Drei-Zentimeter-Streifen und schicken es durch die Fräse. Jetzt sind wir dort, wo wir wären, wenn wir das Holz bestellt hätten.

Wir können anfangen, Bilderrahmen zu bauen – aus unseren handgefertigten Leisten … ich liebe es!

Wer sind deine Kunden, was macht sie aus?

Framework ist eine absolute Nische. Unsere Kunden verstehen das Konzept „Upcycling“ und auch, warum es mehr kostet.

Viele Leute denken ja: „Oh, das Material gibt es ja umsonst. Billig!“ – aber so ist es eben nicht. Das zeigt schon die erwähnte Arbeit, die wir investieren, um das gleiche Ausgangsmaterial zu haben wie andere nach einem dreiminütigen Telefongespräch.

Unsere Klienten sind fasziniert von Eigenart, sie sind anspruchsvoll. Und die Mehrzahl meiner Kunden ist weiblich. Ich denke, einer der Gründe dafür ist, dass viele Männer sich mehr über Statussymbole definieren, die gesellschaftlich erprobt sind (z.B. einen massiven, schwarzen Rahmen). Frauen bewegen sich freier von diesen sozialen Statussymbolen und widmen sich mehr dem Design.

Was können wir tun, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen?
Oh, wow … (lacht) Mit Frameworks habe ich gemerkt, dass keine Firma derzeit 100 Prozent nachhaltig sein kann. Es ist schier unmöglich – unser Konzept von Wirtschaft und unsere Sozialstrukturen wurden für ein kapitalistisches Wegwerfmodell entworfen.

Jedes Business, dass nachhaltigER agiert, ist Wegbereiter für die Zukunft, es erzeugt Bewusstsein, und dieses Bewusstsein führt zu Veränderung.

Für mich persönlich bedeutet „bessere Gesellschaft“ in drei Worten: nachhaltig, sozial bewusst und Fairtrade. Nachhaltig zum Beispiel mit Frameworks über Abfallreduzierung und mit Rücksicht auf die Umwelt. Sozial bewusst etwa über das für das Gemeinwohl engagierte Fotokunstprojekt Photocircle, über Spenden an Gruppen und Projekte. Und natürlich die Säule Fairtrade über eine faire Bezahlung, verwirklicht etwa bei Kunst100 – echte Kunstwerke für jedes Budget.

Danke dir, Claire, für das Gespräch und die Inspirationen!


Ich komme immer wieder gerne in den Laden in der Reichenberger und streiche mit den Fingerspitzen über die liebevoll gearbeiteten Holzstrukturen … und verliebe mich bei jedem Besuch in mindestens einen der Rahmen. („Und nich‘ nur tatschen, ooch koofen, wa?“)

Wer bei dem Gedanken an selbstgefräste Berliner Leisten und alte Patina kribbelige Finger bekommt, hat die Möglichkeit, mit Claire d’Orsay und Frameworks das Handwerk der Bildrahmung selbst zu entdecken. Claire bietet regelmässig DIY-Workshops an. Technische Vorraussetzung: Der tiefe Wunsch, einen eigenen Bilderrahmen zu bauen.

Nächste Termine: 19. und 26. Mai 2018.

Der obligatorische Berliner Photoautomatrahmen ist für 25 € zu haben, und das günstigste Unikat  kostet 18 €. Gewinnt einen von Claires Rahmen auf unserer Facebook-Seite! Kommentiert dazu dort die Antwort auf folgende Frage: Mit wem wart ihr schon mal im Photoautomaten bzw. mit wem würdet ihr euch gern bei nächster Gelegenheit ablichten lassen? Zu gewinnen gibt es dieses Unikat:

Frameworks

Frameworks

 

Links:

https://www.instagram.com/frameworksberlin/

http://www.photoautomat.de/standorte.html